2020 - ein bemerkenswertes Jahr

Ein Jahr voll von Einschränkungen oder voll von Chancen und neuen Möglichkeiten?
Der Rückblick dieses Jahr ist irgendwie anders als in anderen Jahren. Nicht nur deswegen, weil es ein großes Thema gibt, dass scheinbar alles andere überschattet, sondern auch, weil ich stärker als in anderen Jahren die Chance sehe, sich auf Grundlegendes zu besinnen und zu grundlegenden Dingen zurückzufinden.
Ich glaube, es war für mich noch nie so deutlich erkennbar wie heute, wie stark wir selbst unsere Realität erschaffen. Wenn ich mich umschaue, mit Menschen spreche, in Foren und anderen Plattformen Erfahrungsberichte oder Meinungen lese, dann scheint es mir als würden wir zum Teil in völlig unterschiedlichen Realitäten leben.
Ich lese oder höre von Menschen, die überall um sich herum die Verweigerung der aktuellen Maßnahmen sehen oder überall um sich herum Rücksichtnahme, Masken und Abstand erleben, ich lese oder höre von Menschen, die in einer Art »Starre« leben und nur warten, dass alles wieder zur Normalität zurückkehrt und ich lese und höre von Menschen, die versuchen Sinn in die aktuellen Geschehenisse zu bringen. Ich lese und höre von Menschen, die Corona leugnen, die auf all die Maßnahme schimpfen und von Menschen, die sich auf das fokussieren was immer noch möglich ist und was auch immer möglich bleiben wird, ganz egal, was für Maßnahmen verhängt werden. Und diese Menschen leben zum Teil in denselben Städten oder Stadtvierteln, ja zum Teil sogar in denselben Straßen – also in derselben Umgebung.
Obwohl wir also alle mit ähnlichen Herausforderungen und Schwierigkeiten konfrontiert sind, ähnliches beobachten und erleben, scheinen die Realitäten doch sehr unterschiedlich zu sein.
Was für ein Jahr war 2020 also für dich? Ein Jahr voller Einschränkungen, Sehnsucht und Warten auf Normalität, die noch immer nicht wieder eintreten will? Oder ein Jahr voller Chancen, weil du gefordert warst, neue Lösungen und neue Ideen zur Bewältigung der Herausforderungen zu finden. Weil es neue Beschäftigungsmöglichkeiten zu entdecken oder zu kreieren galt oder eine neue Urlaubsgestaltungen gefunden werden musste? Vielleicht musstest du lernen, neue Technik zu nutzen und zu meistern, oder dich auf wesentliches zu reduzieren und dich, deine Familie, dein Leben ganz neu zu entdecken?
Selbst wenn es uns schwerfällt, diese Zeit als Chance zu betrachten, so gibt es doch zumindest eine Sache, die wir nutzen können, um etwas hilfreiches aus diesem Jahr mit in das nächste Jahr zu nehmen. Ein Art der Rückschau, die uns zuversichtlich stimmen könnte und uns Möglichkeiten zeigen kann, wie wir uns im nächsten Jahr für unser kleines Universum, indem wir uns bewegen und in dem wir immer Einfluss nehmen können, eine bessere Realität zu schaffen:
Ich möchte nicht nur darauf schauen, was ich dieses Jahr alles geschafft oder erreicht habe, sondern vor allem darauf, was mir, was uns, dieses Jahr Freude bereitet hat. Was es mir erleichtert hat, durch dieses Jahr zu gehen, was die Dinge sind, die mir niemand nehmen kann, weil ich mich immer für sie entscheiden kann, ganz egal wie die Umstände sind.
Wenn du also magst, stell dir mit mir zusammen folgende Fragen:
Was hat mir dieses Jahr Freude bereitet?
Für mich waren es die kleinen Dinge:
- ein Lächeln zwischen Bekannten oder sogar Fremden über die Straßen hinweg,
- die Rücksicht und das »Danke«, das ich häufiger als in anderen Jahren beobachtet habe,
- die Ruhe und Entschleunigung im Frühjahr,
- die vielen Initiativen sich gegenseitig zu unterstützen und Gesellschaft zu leisten,
- die Gespräche mit wildfremden Menschen auf einem Spaziergang, die problemlos auch mit Abstand möglich waren.
- die Nutzung von Videokonferenzen und der Software für virtuelle Seminare, die mir gezeigt haben, dass auch virtuelles Miteinander geprägt sein kann von der Atmosphäre, die ich (wie viele von uns) bisher nur in Präsenz für möglich gehalten habe.
Und wenn ich noch weiter darüber nachdenke, würden mir sicher noch mehr einzelne Dinge einfallen, die ich nennen könnte.
Am wichtigsten aber sind mir die Dinge, die ich als erstes genannt habe, denn das sind nicht nur die Dinge, die voll und ganz in unsere Hand liegen, sondern auch die, die mir an jedem einzelnen Tag Freude schenken, die meine Laune verbessern und mir damit auch die schwierigen Zeiten erleichtern, denn
einen freundlichen Gruß, ein Lächeln, ein Dankeschön – das können wir uns immer schenken, egal ob über Entfernung hinweg, mit Maske (auch hier kann ich ja in den Augen und in der Körpersprache ein Lächeln, einen Gruß oder ein Danke erkennen), ob virtuell oder in Präsenz.
Wenn du magst, frag dich also selbst auch einfach:
Was hat dir das Jahr erleichtert?
Waren es die zwischenmenschlichen Begegnungen und die neuen Fähigkeiten, die ich mir angeeignet habe – so wie bei mir?
War es das Gefühl mit den Maßnahmen zumindest etwas für den eigenen Schutz und denen von Risikogruppen zu tun? Oder war es die Bewältigung der Herausforderungen an sich, das Ergreifen und Entwickeln von Chancen, die sich plötzlich ergeben haben oder ergeben mussten?
Was sind die kleinen Dinge, die uns niemand, keine Maßnahme, kein Mensch, keine Anordnung und keine Regel wegnehmen kann? Was ist mein Fokus? Worauf achte ich besonders? Wie verhalte ich mich? Und was ist mir meine Aufmerksamkeit wert?
Und was davon will ich mir bewahren und was möchte ich verändern?
Oder kurz gesagt: Was will ich im nächsten Jahr?
Niemand weiß, wie es weitergehen wird, doch ganz egal was kommen mag, wir können bestimmen, auf was wir unsere Aufmerksamkeit richten wollen. Was wir aus diesem Jahr erinnern wollen und wie wir es erinnern wollen und mit welchen Vorsätzen wir in das neue Jahr starten.
Für mich gibt es für das nächste Jahr eigentlich nur einen Vorsatz: Ich möchte meinen Fokus weiterhin und noch stärker bewusst ausrichten. Auf unser Miteinander. Auf alles, was Freude und Mut macht. Auf Rücksichtnahme und Vorsicht, ohne dabei in Angst zu verfallen. Auf Chancen, die sich in dieser Zeit verbergen und auf Vertrauen, dass ich – dass wir – gemeinsam die Herausforderungen der Zeit bewältigen können.
Und noch ein für mich ganz wichtiger Punkt: Ich bin dankbar, dass die bisher größte Krise meiner Generation – zumindest in dem Teil der Welt, in dem ich lebe – kein Krieg ist! Keine unmittelbare Bedrohung meines Lebens durch Attentate, Bomben oder Übergriffe, sondern im Verhältnis dazu nur das Tragen von Masken, die Einschränkungen des persönlichen Kontakts in Präsenz und für kurze Zeiten die Einschränkung in der allgegenwärtigen Verfügbarkeit von Konsumgütern. Letzteres begrüße ich sogar mit all den Schwierigkeiten, die es mit sich gebracht hat. Denn es zeigt mir, wie sehr ich den Luxus dieser allgegenwärtigen Verfügbarkeit für selbstverständlich genommen habe, ohne mir wirklich bewusst zu sein, dass dieser Luxus mitnichten für jeden auf dieser Welt gilt. Ich bin dankbar für die Erfahrung im Supermarkt leere Regale zu sehen und in einer letztlich in dieser Hinsicht vollkommen unbedrohlichen Situation zu beobachten, wie sich so eine Erfahrung anfühlt.
Und ich bin dankbar, für all die Initiativen und Menschlichkeit, die ich im Kleinen sehe und die, wie ich hoffe auch größere Wellen schlagen.
In diesem Sinne wünsche ich euch allen, eine Weihnachtszeit mit bewusstem Fokus und einen guten Rutsch in ein neues Jahr, indem wir uns immer wieder bewusst entscheiden in was für einer Realität – in welcher Wirklichkeitskonstruktion – wir leben wollen. Und in dem wir weiter lernen und daran arbeiten, die für uns hilfreichste und gesündeste Wirklichkeit zu konstruieren.
Herzlichst
Eure Steffi
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